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Alltagsheldin Martina Freund : „Ich möchte ein Umdenken antreiben und ein Bewusstsein bei den Menschen schaffen durch mein Handeln!“

Lernt heute Alltagheldin Martina Freund kennen, sie ist Müllpatin der Stadt Ulm und Müllfluencerin. Was genau dahinter steckt und, wie Martina dazu kam lest Ihr hier:

Liebe Martina, wir freuen uns auf das Interview mit Dir und darauf, Dich als PELY® Alltagsheldin kennenzulernen! Stell Dich am besten selbst einmal kurz vor…

Martina: >> „Mein Name ist Martina, ich bin 35 Jahre alt und arbeite als Gestalterin für visuelles Marketing. Mit einem Lottogewinn würde ich mein eigenes Naturschutzgebiet gründen.

Wie kamst Du dazu angemeldete Müllpatin der Stadt Ulm zu werden?

Martina: >> Eine gute Freundin von mir holte sich vor ca. 8 Jahren einen Hund und wir begannen wöchentlich lange Spaziergänge zu machen. Ich bemerkte dabei, wie viel Müll rumliegt und mit jedem weiteren Spaziergang wuchs mein Bewusstsein dafür. Irgendwann kam dann die innere Wut dazu. Ich war sauer darüber, wie es sein kann, dass es den Menschen so egal ist, was mit ihrem achtlos weggeworfenen Müll passiert! Da mich jedoch meine Wut nur runtergezogen hat, kam ich zu dem Entschluss, dass ich das jetzt einfach selber in die Hand nehmen muss und seit dem Tag habe ich immer eine Mülltüte und Handschuhe dabei. Die Wut verflog und die Zufriedenheit über mein eigenes Handeln wuchs. Vor ca. 5 Jahren erzählt mir dann eine Arbeitskollegin von der Müllpatenschaft der EBU und ich meldete mich natürlich sofort an.

 

Inwiefern unterstützt die Stadt Dein Engagement als Müllpatin?

Martina: >> Die EBU versorgt mich mit Mülltüten, Handschuhen und Greifzangen.
Wenn ich meine Müllrunde gedreht hab, kann ich den Standort melden, an dem ich den gesammelten Müll in den Säcken hingestellt habe und die EBU holt es dann ab und entsorgt alles.

Was motiviert Dich dazu, regelmäßig fremden Müll von der Straße und aus der Natur zu sammeln?

Martina: >> Ich finde unsere Erde wunderschön und faszinierend. Sie ist es wert, dass man gut mit ihr umgeht! Wenn ich mir selbst ins Bewusstsein rufe, wie komplett abgefahren dieser ganze komplexe Kreislauf der Erde und der Tierwelt ist, bin ich regelrecht fassungslos mit welcher Wertlosigkeit ein großer Teil der Menschheit mit unserem Planeten umgeht. Ich möchte ein Umdenken antreiben und ein Bewusstsein bei den Menschen schaffen durch mein Handeln!

Wie sieht Dein Alltag aktuell aus und wie integrierst Du Müllsammeln in Deinem Alltag?

Martina: >> Da ich in Vollzeit als Gestalterin für visuelles Marketing arbeite, ist die verfügbare Zeit nach der Arbeit nicht allzu groß, daher versuche ich das Müllsammeln in meinen Alltag zu integrieren. Ich räume z. B. oft meinen Arbeitsweg auf, den muss ich sowieso gehen, warum also nicht gleich auch sauber machen. Meine Freunde und Familie wissen alle, wie wichtig mir das Thema ist, so machen wir oft zusammen Spaziergänge, können somit zusammen Zeit verbringen und parallel dazu räumen wir den Müll weg.
Ich informiere mich auch vor jedem Urlaub über mögliche Müllsammelaktionen vor Ort oder suche über Instagram sogenannte Müllfluencer aus der jeweiligen Gegend und frage ob Interesse besteht, sich zu treffen und zusammen sauber zu machen. So hab ich schon viele tolle Leute auf der ganzen Welt getroffen, welche die gleiche Leidenschaft haben wie ich.
Von meinem Umfeld bekomme ich oft zum Geburtstag oder zu Weihnachten Gutscheine für gemeinsame Müllsammelaktionen oder sie spenden an Organisationen, welche sich der Müllentsorgung auf der Erde annehmen. Damit machen sie mir mit Abstand die größte Freude.

Welche Art von Müll findest Du am häufigsten bei den Sammelaktionen in Ulm?

Martina: >> „Meine persönlichen Top 3 sind:
  1. Zigaretten
  2. leere Alkohol-Flaschen
  3. Fast-Food Verpackung
Ich hab noch nie ein Buch gefunden, was mich als Bücher-Freund sehr freut. Jedoch war schon allerhand Kurioses dabei, von Testosteron Ampullen über Sex-Toys bis zu Flaschen voll mit Fäkalien.“

Wie reagieren die Menschen, insbesondere Passanten, wenn sie Dich beim Müllsammeln sehen? Hast Du interessante oder bemerkenswerte Begegnungen oder Situationen erlebt?

Martina: >> Wenn ich Menschen beim Müllsammeln begegne, haben viele Interesse daran mit mir ins Gespräch zu kommen. Sie wollen sich darüber austauschen, wie sie selbst den Müll wahrnehmen und berichten auch gerne, dass sie selbst auch sammeln. Es freut mich jedes Mal zu hören, dass auch andere das Bewusstsein für das Thema haben.
Es gibt auch viele Passanten, die einfach ein freundliches: „Vielen Dank!“ sagen.
Schön an diesen spontanen „Zusammentreffen“ ist, zu sehen, dass es keine Altersgrenze gibt. Vom Kindergartenkind bis zum älteren Rentnerpaar, es war einfach schon jeder dabei.

Welche Auswirkungen hat Deine Müllsammelaktion auf die Gemeinschaft? Hast Du Veränderungen in Bezug auf das Müllverhalten der Menschen bemerkt?

Martina: >> Eine gute Freundin aus meiner Jugend hat mir dieses Jahr zum Geburtstag gratuliert, mit dem Zusatz: Viel Erfolg weiterhin beim Müllsammeln und durch Dich hab ich erstmal richtig bemerkt wie viel Müll in der Umwelt liegt.
Dieser Satz hat mir sehr viel bedeutet, weil er zeigt, mein Handeln hat etwas bei ihr bewirkt. Und genau das bemerke ich in meinem direkten Umfeld: Viele nehmen jetzt auch Mülltüten mit zum Spazierengehen. Es wird immer wieder zum Thema, ob bei Familientreffen oder im Freundeskreis und auch darüber hinaus. Das Thema wird präsent und wird von Freunden und Familie auch nach außen getragen.

Du bist ja nicht „nur“ Müllpatin, sondern auch Müllfluencerin. Welche Rolle spielt Instagram bei Deinen Müllsammelaktionen? Wer sind Deine Follower?

Martina: >> Als ich mich vor zwei Jahren auf Instagram angemeldet hatte, war ich total platt darüber, wie viele Menschen auf der ganzen Welt auch Müll sammeln. Es hat mich so motiviert und auch inspiriert, dass ich jedes Mal aufs Neue froh bin in dieser Müllfluencer Community drin zu sein. Man tauscht sich aus über Erlebnisse und motiviert sich gegenseitig.
Ich konnte über diesen Weg auch schon viele Bekanntschaften auf der ganzen Welt machen, mit denen ich mich auch schon im Urlaub getroffen habe.
Meine Follower sind ein Mix aus Müllfluencern, Menschen, denen die Erde auch sehr wichtig ist und Personen, die es einfach toll finden, was ich mache.“

Wie hat sich Dein Engagement im Laufe der Zeit entwickelt?

Martina: >> Aktuell befinde ich mich in der größten Entwicklung, weil mein Ziel ist auch größere Müllsammelaktionen zu organisieren.
Ich war jetzt sehr lange mehrheitlich alleine oder mit meinem engeren Umfeld unterwegs, da möchte ich nun wachsen.

Welche Herausforderungen hast Du bei Deinem Müllsammeln erlebt?

Martina: >> Was mir selbst sehr schwer fiel beim Müllsammeln war, aufzuhören.
Es hört sich vielleicht etwas albern an, aber ich kam in einen regelrechten Wahn und habe oft solange gesammelt, dass ich abends dann Schmerzen in den Armen bekam und regelrecht fix und fertig war. Ich hatte nicht auf meinen Körper gehört, ob es ihm zu viel geworden ist.
Beim Müllsammeln gibt es kein Ende, weil man immer wieder neuen Müll findet.
Ich musste lernen auf meinen Körper zu hören und aufzuhören, wenn bei mir dir Kraft langsam zu Ende ging. Ich musste lernen, damit zufrieden zu sein und mir ins Bewusstsein rufen, dass es auch andere Tage geben wird, an denen ich weiter machen kann. Die Zufriedenheit bekommen, für das, was ich geschafft habe. Für mich war das mit Abstand die größte Herausforderung, mein eigenes Wachstum.“

Hast Du konkrete Ziele oder Visionen für die Zukunft Deiner Müllsammelinitiative? Wie könnten Menschen, die inspiriert sind, sich Dir anschließen oder ähnliche Initiativen in anderen Städten starten?

Martina: >> Ich möchte gerne größere Flächen sauber bekommen, gerade durch organisierte Müllsammelaktionen. Was ich mir auch vorstellen könnte, ist Aufklärungsarbeit.
Mir selbst ist nur wichtig, dass wenn ich mich in größere Gewässer wage, ich das auch gleich richtig und sehr gut geplant mache, das ist einfach der eigene Anspruch, den ich habe. Das kostet dann zwar mehr Zeit, hat dann aber auch Hand und Fuß.
Menschen, die auch etwas starten wollen, kann ich nur raten, nehmt einfach mal Kontakt mit Euren Entsorgungsbetrieben vor Ort auf oder schaut, ob es nicht sogar bei Eurer Stadt selbst einen Ansprechpartner für Freiwilligen-Arbeit gibt. Vielleicht gibt es sogar bereits Angebote zu dem Thema oder Ihr bringt damit den Stein ins Rollen und es werden zukünftig Aktionen gestartet.

Welchen Rat würdest Du anderen geben, die sich für Entmüllung engagieren wollen?

Martina: >> Sch**** drauf, was die anderen denken könnten. Wenn Du die Welt von all dem Müll befreien willst, dann geh da raus und mach Dein Ding! (Das war ganz lange mein Motivationssatz, wenn ich fertig angezogen vor meiner Haustür stand und mich der Mut verlassen hat, rauszugehen).

Vielen Dank, liebe Martina für dieses spannende Interview mit Dir! Wir finden Dein Engagement für unsere Umwelt einfach sagenhaft, unterstützen Dich gerne und wünschen Dir die wachsende Community, die Du im Sinn hast!

Wenn Ihr, liebe PELY® Community, Fragen an Martina habt, kommentiert einfach unter diesen Beitrag!

 

Links*:

Martina bei Instagram:
ulmer_dreckspatz

 

Bildnachweise:
©
Martina Freund

*Die enthaltenen Links sind keine werblichen Links.

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